Geschichtsweg Ostheim

Die Schinnergasse

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    In der alten Stadt Hanau wurde das peinliche Gericht vom Land- oder Zentgericht ausgeübt. Bei Vollstreckung eines Todesurteils lieh man sich den „Züchtiger“ von Frankfurt oder Mainz aus. Erst 1532 wird von der Verleihung des Scharfrichteramtes durch die Hanauer Herrschaft berichtet. Der Hanauische „Schinder“ oder „Schinner“ musste seinen Wohnsitz immer in Ostheim haben. Was der Anlass für diese Gepflogenheit war und wie lange sie Gültigkeit besaß, ist nicht überliefert.

    Die Chronik berichtet, dass 1537 der Hanauische Schinder „zu Friedberg von zweien Henkern erschlagen“ wurde. Vielleicht handelt es sich dabei um jenen Hausen von Didenbergen, der in jenem Jahr der Herrschaft geschworen hatte, „sich wie ein frommer Henker zu halten.“

    Im Jahre 1540 brachte ein Schinder von der Stadt Allendorf Zeugnis, „daß er sich seinem Stand und Wissen nach wohlleidlich gehalten habe,“ und er wurde „zu einem Nachrichter und Wasenmeister angenommen.“ Nachrichter war ebenso wie Züchtiger die Bezeichnung für den Scharfrichter, der zumeist auch für die Beseitigung verendeter Tiere zu sorgen hatte.

    Die Henker von Hanau sollen im 16. Jahrhundert in der Ostheimer Hainstraße gewohnt haben, die deshalb seit alters her die „Schinnergass“ hieß.

     

    Die „Schinnergasse“ als Postanschrift gibt es erst seit der Gebietsreform 1974, als Ostheim Stadtteil von Nidderau wurde. Davor hieß sie offiziell „Hainstraße“. Beliebte Dorfgasthäuser in der „Schinnergasse“ waren: Gasthaus „Zum grünen Baum“, Gasthaus „Zum Adler“, im Volksmund „Die Mess“ genannt. An etlichen Fachwerkhäusern war/ist die Wetterseite mit Holzschindeln, Schiefer oder Eternitplatten verkleidet. Ein spezieller Fachbetrieb für Fachwerk-Restauration hat seinen Sitz in der Schinnergasse. Üppiger Blumenschmuck ziert im Sommer das Fachwerk der Häuser.

    Am Fachwerkhaus Ecke Vorderstraße 17/Schinnergasse befindet sich im Eckbalken zur Straßenseite eine Einkerbung – für die Stechuhr des Nachtwächters. In Ostheim gab es bis in die 1950-er Jahre zwei Nachtwächter. Der eine war der „laute Nachtwächter“, er rief nachts die Stunden aus. Der andere war der „Schleichwächter“, er ging leise durch die nächtlichen Straßen. Zum Nachweis stach er eine ebenfalls in der Schinnergasse befindliche Stechuhr.