geschichtsweg Eichen

Die Mühle

    Link kopieren

    Schon in der Urkunde von 1035, in der Eichen erstmals erwähnt wird, ist die Rede davon, dass es in dem Ort eine Mühle gab. Weitere frühe Erwähnungen der Mühle finden sich in Urkunden aus den Jahren 1409 und 1549. Die Mühle stand am südlichen Ortsrand von Eichen an einem von der Nidder abzweigenden Mühlgraben. Es handelte sich um eine Getreidemühle mit zwei Mahlgängen, die im Besitz der Hanauer Grafen war. Der „Mühlenbann“, das heißt die Pflicht für die Bauern ihr Getreide in der Eicher Mühle mahlen zu lassen, erstreckte sich auf die Dörfer Erbstadt und Eichen.

    Die Mühle wurde von den Grafen von Hanau-Münzenberg nach Landsiedelrecht an örtliche Müller verpachtet. Das Landsiedelrecht war eine seit dem 13. Jahrhundert in Hessen gebräuchliche Form der nicht erblichen bäuerlichen Leihe, die seit dem 16. Jahrhundert schließlich erblich wurde, das heißt das Pachtverhältnis ging nach dem Tod eines Pächters an seinen Erben über. Die jährliche Pacht für die Eicher Mühle betrug im Jahr 1613 dreißig Achtel Korn und die Mästung von zwei Schweinen, die dem Müller übergeben worden waren. Ein Achtel Getreide entsprach in Hessen etwa 130 Litern, so dass dreißig Achtel Korn umgerechnet knapp 4000 Liter ergaben, das entsprach etwa 1,64 Tonnen Hafer oder 2,88 Tonnen Roggen, die der Mühlenbetreiber an den Grafen von Hanau abzuliefern hatte!

    In den Jahren nach dem Dreißigjährigen Krieg sank die Pacht zeitweise um ein Drittel auf zwanzig Achtel Korn ab. Dies war offenbar zum einen dem schlechten Zustand der Mühle geschuldet, die reparaturbedürftig war, zum anderen spielte möglicherweise die schwierige wirtschaftliche Lage nach den Zerstörungen des Krieges eine Rolle. Erst im Jahr 1681, als Wilhelm Stein die Mühle in Erbleihe übertragen wurde, wurde die Pacht wieder auf dreißig Achtel Korn pro Jahr festgesetzt. Die Müllerfamilie Stein betrieb die Mühle bis 1826. Nach dem Tod des letzten Müllers aus der Familie Stein wurde die Mühle an Johannes Engel aus Windecken verkauft. Schon zwei Jahre später, 1828, wurde die Mühle weiterverkauft an Konrad Jacobi aus Eichen, und bereits 1829 kam es zu einem erneuten Besitzerwechsel, als Friedrich Kuch (1798–1861) die Mühle meistbietend ersteigerte. Möglicherweise waren die noch aus der Zeit der Müllerfamilie Stein herrührenden hohen Pachtrückstände der Grund für den mehrfachen kurzfristigen Besitzwechsel.

    Die Mühle war offenbar bis 1880 im Besitz der Familie Kuch, als Johann Philipp Friedrich Kuch, wahrscheinlich der Sohn von Friedrich Kuch, verstarb. Er wurde im Windecker Handelsregister von 1867 als Mühlenbesitzer von Eichen geführt. In seinem Nachlassinventar, das 1883 aufgenommen wurde, sind eine große und eine kleine Mühlwaage aufgelistet. Zwei weitere Müller lassen sich als Ortsbürger von Eichen identifizieren: Johannes Kropp (1852–1877) und Johann Balthasar Gruner, der im Jahr 1915 gegen Zahlung von 520 Mark als Ortsbürger aufgenommen wurde. Ob einer von ihnen mit der Mühle in Verbindung stand, ließ sich nicht ermitteln.

    Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Mühle stillgelegt, nachdem das Speichergebäude bei einem Brand zerstört worden war. Das gesamte Mühlenanwesen wurde verkauft und als landwirtschaftliches Gehöft genutzt. Das Wohnhaus, das Gesindehaus, die Stallungen und die Scheune blieben bis heute erhalten. Auch das Gebäude, in dem das unterschlächtige Mühlrad lief, ist in seiner einstigen Form noch zu sehen. Von der Nidder bis zur Mühle bestand ursprünglich ein Mühlgraben, der durch das Mühlengebäude floss und dort das Mühlrad antrieb. An der „Säuspitze“ mündete der Mühlgraben wieder in die Nidder. Mittels eines Wehres in der Nidder und sonstiger Staumöglichkeiten konnte der Wasserstand im Mühlgraben reguliert werden. Im Zuge der Nidderbegradigung um 1925 wurde der Mühlgraben zugeschüttet.

    Werner Brodt / Jürgen Müller


    Quellen:

    • Willi Klein, Zur Geschichte des Mühlenwesens im Main-Kinzig-Kreis. (Hanauer Geschichtsblätter, Bd. 40.) Hanau 2003.
    • Stadtarchiv Nidderau, Altbestand Eichen, X. Abt., Konv. 2, Fasz. 70.
    • Stadtarchiv Nidderau, Altbestand Eichen, XI. Abt., Konv. 1, Fasz. 4.
    • Hans Thieme, Zum hessischen Landsiedelrecht, in: Festschrift für Alfred Schultze. Hrsg. v. Walther Merk. Weimar 1934, S. 207–250.
    • Königlich Preußischer Staats-Anzeiger 1867, S. 787.