geschichtsweg Eichen

Hirtengasse

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    Im Zentrum des alten Dorfkerns von Eichen liegt die 150 Meter lange Hirtengasse. Sie stellt eine Querverbindung von der Großen Gasse zur Kleinen Gasse dar. Den Namen Hirtengasse trägt das schmale Sträßchen erst seit der Aufnahme von Eichen in die neue Stadt Nidderau im Jahr 1972. Der alte, schon im 17. Jahrhundert belegte Name „Neue Gasse“ wurde zu dieser Zeit ersetzt durch die neue Bezeichnung. Dies war erforderlich, weil es im benachbarten Stadtteil Ostheim ebenfalls eine „Neugasse“ gab. Zunächst war vorgeschlagen worden, die Gasse in „Schäfergasse“ umzubenennen, weil dort ein Schäfer wohnte. Dies gefiel dem Ehepaar Armin und Elfriede Schäfer nicht, die selbst in der Gasse wohnten. Armin Schäfer sprach sich 1972 als Mitglied des Ortsbeirates gegen diese Benennung aus. Er schlug Hirtengasse vor, was letztlich auf Zustimmung stieß.

    Die Wahl des Namens Hirtengasse weist auf die Bedeutung der Viehhirten in der bäuerlichen Dorfgesellschaft hin. Der Eicher Pfarrer Aegidius Henning schrieb darüber in seiner „Bauernanatomie“ von 1674, die Bauern würden, wenn sie die Wahl hätten, eher den Pfarrer abschaffen als den Hirten. Die Küh- und Schweinehirten waren unersetzliche Hilfskräfte in der Landwirtschaft. Sie hüteten nicht nur das Vieh auf den Weiden, sondern sie waren auch als Nachtwächter tätig. Überdies stellten sie Körbe und Besen sowie landwirtschaftliche Geräte wie Rechen her. In Eichen gab es bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts auch Schafhirten, die für die Besitzer der Schäfereien, die „Schafherren“ arbeiteten.

    Die Eicher Hirtengasse ist, wie der Name sagt, eine schmale Gasse ohne Bürgersteig, die von alten Fachwerkhäusern und Gehöften gesäumt wird. Die vorherrschende Bauweise der ehemaligen Gehöfte ist der sogenannte Hakenhof oder Winkelhof. Die Wohnhäuser sind zweigeschossig und stehen mit der Giebelseite zur Straße. Am hinteren Teil des Hauptgebäudes schließen sich die Nebengebäude wie Stallungen, Waschküche usw. an. An den rückwärtigen Giebel ist im rechten Winkel die Scheune angebaut. So entsteht ein Gehöft, dessen Hofplatz an zwei Seiten von Gebäuden umrahmt wird und das häufig durch eine Torwand von der Straße abgeschlossen wird.

    Die landwirtschaftlichen Betriebe wurden im Laufe des 20. Jahrhunderts nach und nach aufgegeben und die Anwesen verkauft. Viele der ehemaligen Bauernhöfe wurden später von auswärtigen Familien erworben, die die Fachwerkhäuser liebevoll restaurierten, so dass sie bis heute noch in einem sehenswerten Zustand sind.

    Seit 1995 veranstaltet der im Jahr 1842 gegründete Gesangverein „Concordia Eichen“ in der malerischen Gasse alljährlich das Hirtengassenfest, das ein fester Bestandteil der dörflichen Vereinskultur ist.

    Werner Brodt / Jürgen Müller


    Quellen: