Eines der am ursprünglichsten erhaltenen Fachwerkhäuser in Nidderau-Eichen ist das Haus Nr. 9 in der Obergasse. Es wurde von der Denkmalpflege des Main-Kinzig-Kreises in den 1980er Jahren in die Liste der Einzelkulturdenkmäler aufgenommen. Maßgeblich für den originalgetreuen Zustand des Anwesens ist die Familie von Dieter und Ingeborg Möckel, die die Hofreite 1964 erworben hatte. Nachdem ihr Mann im Jahr 2009 verstarb, bewohnte Ingeborg Möckel das Haus weiterhin bis zu ihrem Tod im Jahr 2024.
Die traufständige Bauweise des Wohnhauses und die Größe des Anwesens lassen darauf schließen, dass der Bauherr recht vermögend gewesen sein muss. Das Wohnhaus ist voll unterkellert, und das Fachwerk besteht aus Eichenbalken. Hinter dem Wohnhaus befindet sich ein Hof, der von einer Scheune mit einem sehr großen Tor begrenzt wird. An der Rückseite der Scheune findet sich die Jahreszahl 1818, ein Hinweis auf die Entstehungszeit des Anwesens. Hinter der Scheune liegt ein großes Gartengrundstück. Ursprünglich besaß die Hofreite zwei Einfahrten, jeweils eine rechts und links neben dem Wohnhaus, von denen heute nur noch die auf der rechten Seite genutzt wird. Daneben befanden sich Stallungen, in denen später die Familie Möckel eine Stickerei betrieb.
Das ursprünglich bäuerliche Anwesen wurde im 20. Jahrhundert als Wohnhaus genutzt. In den 1920er Jahren bewohnte ein Apotheker das Haus, ob sich dort auch eine Apotheke befand, ist nicht belegt. Zu den weiteren Vorbesitzern gehörte ein Gurkenfabrikant, der seinen Betrieb in Büdingen hatte. Als die Familie Möckel das Haus erwarb, wohnte dort eine Zahnärztin, die in dem Gebäude auch eine Praxis betrieb.
Dieter Möckel hatte bereits kurz nach dem Kauf der Hofreite damit begonnen, in der Umgebung von Eichen Baumaterial von Abrisshäusern, wie Eichenbalken, Sandsteine etc. zu sammeln, damit er später an seinem Haus notwendige Reparaturen möglichst originalgetreu ausführen konnte. Es wurde in vielen Details Wert auf eine Erhaltung des ursprünglichen Zustands gelegt. Die Haustür, die Innentüren, die Fensterläden und viele andere Bauelemente sind noch in dem Zustand erhalten, wie sie die Familie Möckel beim Kauf des Anwesens vorgefunden hatte. Lediglich die Fenster zur Straßenseite wurden durch zweiglasige Isolierfenster ersetzt. Nicht mehr zu retten war das alte Hoftor, weil ihm der Rost schon zu stark zugesetzt hatte. Es wurde im Jahr 1998 durch ein schmiedeeisernes Metalltor ersetzt, das aber nicht mehr die Verzierungen des alten Tores hatte.

Alte Fotos zeigen, dass das Wohngebäude ursprünglich über eine Treppe von der Straßenseite begehbar war. Diese musste jedoch bereits vor dem Erwerb des Anwesens durch die Familie Möckel entfernt werden. Aus Erzählungen geht hervor, dass dies wohl einer Verordnung der amerikanischen Besatzungsmächte nach dem Zweiten Weltkrieg entsprach. Die außenliegende Treppe war in Eichen vor allem bei den traufständigen Häusern die Regel. Lediglich bei einem Haus in der Kleinen Gasse blieb sie bis heute erhalten.
Werner Brodt


