Das im Jahr 1844 erbaute Gasthaus „Zum Stern“ in der Großen Gasse 37 gehörte der Familie Stein. Im 19. Jahrhundert führte Jakob Stein (1832–1880) das Gasthaus. Er war verheiratet mit Maria Kuch (1836–1888), einer Tochter des Eicher Mühlenbesitzers Friedrich Kuch (1798–1861), der in den 1820er Jahren aus Künzelsau nach Eichen gekommen war. Nach Jakob Steins Tod wurde die Gastwirtschaft weitergeführt von seinem Sohn Friedrich Wilhelm (1855–1913) und anschließend von dessen Sohn Heinrich Jakob (1880–1950). Letzterer betrieb das Gasthaus noch in den 1920er Jahren. Seine Tochter Helma (Wilhelma Ernestine, 1918–2004) heiratete 1938 Heinrich Schmid (1909–1999), der aus Feldstetten in Württemberg stammte. Sie führten gemeinsam das Wirtshaus nun als Familie Schmid, bis ihr Sohn Eberhard (*1941) es bis zu dessen Schließung 2008 mit Frau und Kindern übernahm. Der Name des Gasthauses „Zum Stern“ stammt übrigens von dem kunstvollen Stern aus Schieferplatten, der die Fassade ziert. Dieser wurde von den Bauarbeitern, die 1905 den Bahnhof in Eichen errichteten und im Gasthaus nächtigten und verpflegt wurden, zum Dank gefertigt und angebracht.
Während des Ersten Weltkriegs wurden im an das Gasthaus angrenzenden Saal französische und russische Kriegsgefangene untergebracht. Drei von ihnen starben im Oktober 1918 kurz vor dem Ende des Krieges an der Grippe. Einige Jahre nach dem Krieg ließ Heinrich Jakob Stein einen neuen Saal bauen, der am 1. November 1925 „unter Beteiligung sämtlicher Vereine“ feierlich eingeweiht wurde, wie Pfarrer Karl Wilhelm Castendyck in der Pfarreichronik von Eichen und Erbstadt berichtet. Der sittenstrenge Pfarrer merkte dazu kritisch an:
„Der bürgerliche Turn- u. Gesangverein sollen darauf hingewirkt haben, daß Stein einen größeren Saal baute, damit der Bau einer Turnhalle unterbleiben u. die Veranstaltungen in einem modernen Anforderungen gerechter werdenden Raum stattfinden konnten. Ein Riesensaal ist nun entstanden. Da der Wirt aber auf die Kosten kommen muß, nahmen die Vergnügungen u. Veranstaltungen kein Ende mehr. Jeden Sonntag fast in diesem Winter [1925/26] war etwas los. Der andere Wirt Merz, der auch einen schönen großen Saal besitzt, will nicht zurückstehen u. veranstaltet bald diese, bald jene Belustigung. Aber unsere Eichener Bauern sind von Haus aus solid u. halten das Geld fest, besonders in diesen knappen Zeiten. Sie gehen hin, aber verzehren fast nichts. Man fragt sich manchmal, ob besonders der Wirt Stein auf seine Kosten für Licht, Brand u.s.w. kommt. Es war kein Segen für unser Dorf, daß dieser zweite große, übergroße Saal gebaut wurde. Die Sittlichkeit wird dadurch nicht gefördert u. die Kirchlichkeit erst recht nicht. Für die Kirche hat man überhaupt kein Geld übrig, kaum kann man das Gotteshaus einigermaßen herrichten, aber für derartige Bauten wird agitiert u. Geld herbeizuschaffen gesucht. Wir leben wahrhaftig trotz aller Gegenbestrebungen in einer Zeit der décadence.“
Der Saalbau Schmid existiert noch heute. Er bietet Platz für bis zu 300 Personen und kann für private und Vereinsveranstaltungen gebucht werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Saalbau viele Jahrzehnte lang der offizielle Veranstaltungsort von Eichen. Hier fanden alljährlich die Kerb, das Erntedankfest und zahlreiche Vereinsfeste statt, von denen vor allem die Maskenbälle in der Karnevalszeit zu nennen sind. Seit 1994 nutzte zudem der Kultur-, Tanzsport- und Carnevalsverein „Die Aascher Schnooke“ den Saalbau für seine Proben und Veranstaltungen. Ende des Jahres 2018 ließ die Stadt Nidderau den Pachtvertrag für den Saalbau auslaufen, nachdem in der Höchster Straße eine neue multifunktionale Kultur- und Begegnungsstätte an die Turnhalle angebaut worden war. Bis heute finden im Saalbau Veranstaltungen wie Hochzeiten, Familienfeiern oder Vereinsfeste statt.
Jürgen Müller
Quellen:
- Chronikbuch der Pfarrei Eichen-Erbstadt 1895–1938, Archiv der evangelischen Kirchengemeinde Eichen-Erbstadt, S. 160, 185, 220.
- Wolfgang Zeihe, Namen, Familien, Schicksale in Eichen und Erbstadt. Neustadt an der Aisch 1957, S. 105.
- Vereinschronik Aascher Schnooke, http://www.aascher-schnooke.de/vereinschronik
- Stammbücher der Familie Schmid (Privatbesitz)


