Im Jahr 1910 wurde an der Ecke Große Gasse/Kleine Gasse ein neues Pfarrhaus fertiggestellt und bezogen. Das alte Pfarrhaus, das im 17. Jahrhundert errichtet worden war, genügte „den neuzeitlichen Anforderungen an ein Pfarrhaus durchaus nicht“ mehr, wie Pfarrer Johann Heinrich Kienzler in der Pfarreichronik schrieb. Pfarrer Kienzler regte deshalb bei dem Verwalter der Kirchenpräsenz Windecken, zu deren Zuständigkeit die Pfarrei Eichen-Erbstadt gehörte, einen Neubau an. Daraufhin fand am 10. Dezember 1908 eine bautechnische Besichtigung des bestehenden Pfarrhauses durch den Königlichen Kreisbauinspektor Becker aus Hanau statt. Dieser erstellte sogleich ein ausführliches Gutachten, in dem er eine genaue Beschreibung des bestehenden Gebäudes gab. Becker kam zu dem Ergebnis, dass man das Gebäude zwar nicht als baufällig bezeichnen könne, doch sei die Benutzung der feuchten Erdgeschossräume ungesund, die der übrigen Räume „im höchsten Grade unbequem und die Gesundheit gefährdend“.
Nur zwei Wochen nach der Erstattung des Baugutachtens genehmigte das Königliche Konsistorium den Bau eines neuen Pfarrhauses. Das alte Pfarrhaus sowie die angrenzende Scheune und der Hof wurden verkauft. Auf dem Gelände des bisherigen Pfarrgartens wurde im Herbst 1909 mit dem Neubau begonnen. Der Rohbau stand schon im Winter 1909/10, und im Sommer 1910 wurde das Gebäude fertiggestellt. Die Baukosten beliefen sich insgesamt auf 33.681 Reichsmark, nach Abzug des Erlöses für den Verkauf der alten Pfarrscheune und des „auf Abbruch“ verkauften alten Pfarrhauses verblieben 29.061 Mark zu zahlen. Im September 1910 bezog der Pfarrer mit seiner Familie das neue Pfarrhaus.
Dieses großzügige Pfarrhaus, das architektonisch Elemente des Jugendstils aufweist, prägt bis heute die Ortsmitte von Eichen. Im Erdgeschoss befinden sich die Räume des Pfarramts (Amtszimmer und Sekretariat) und seit 1984 die Evangelische Gemeindebücherei. Das Ober- und Dachgeschoss dient als Wohnung der Pfarrer. Auf der Westseite des Hauses wurde in einem Teil des Pfarrgartens im Jahr 1982/83 ein Gemeindesaal mit Küche und Abstellräumen angegliedert.
Jürgen Müller
Quellen:
- Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Eichen-Erbstadt, Chronikbuch der Pfarrei Eichen-Erbstadt 1895–1938, S. 91–97.
- Ernst-Friedrich Perels, Die Kirche in Eichen, in: Nidderauer Hefte Nr. 2. Nidderau 1986, S. 51–52.


